Verpackung

Alte Faszikelmappen

2011 begann das Staatsarchiv mit einem Projekt zum Ersatz von nicht-archivgerechter Verpackung bei Urkunden und Aktenbeständen des 13. bis 20. Jahrhunderts. Das Staatsarchiv wies in den älteren Beständen gravierende Verpackungsdefizite auf. Dies betraf namentlich die Urkundenbestände sowie die Faszikelmappen, die bis in die 1970er-Jahre in allen Aktenbereichen (Hauptarchiv, Nebenarchive, Privatarchive) eingesetzt wurden. Diese Behältnisse boten für das Archivgut keinen adäquaten Schutz vor mechanischen Schäden, endogenem Papierzerfall, Schmutz, Licht und Feuchtigkeit, zudem auch nicht vor den Auswirkungen eines Brandes oder einer Katastrophe. Wie 2009 in Köln als Folge des Einsturzes eines Archivgebäudes  festgestellt werden musste, waren die Schadensbilder bei nicht adäquat verpacktem Archivgut ungleich viel höher (bis hin zum Totalverlust) als bei in geschlossenen Archivbehältnissen aufbewahrten Unterlagen. 

Die Vermeidung von Instandstellungsarbeiten muss als wichtigste Massnahme im Kampf um die Erhaltung der Bestände betrachtet werden. Das Umsetzen von sachgerechten Konservierungsmassnahmen ist in jedem Fall wirtschaftlicher als nachträglich zu treffende Restaurierungsarbeiten, deren Möglichkeiten zudem begrenzt sind. Angesichts des Umfangs der betroffenen Unterlagen und der latenten Gefahren, denen sie ausgesetzt sind, droht gar ein nicht unerheblicher Verlust von einmaligem, unersetzlichem Kulturgut.

Das Projekt hatte zum Ziel, bis Ende 2014 die ärgsten Verpackungsdefizite in den Kernbeständen des Staatsarchivs zu beheben, d.h.

  • den Urkundenbestand sowohl in neue, geschlossene Schachteln als auch in neue Umschläge zu verpacken
  • sämtliche Faszikelmappen durch säurefreie und gepufferte Archivschachteln bzw. durch Normbehältnisse zu ersetzen.

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Bilanz

Sämtliche Projektziele wurden per Ende 2014 erreicht.

Nebst dem anvisierten konservatorischen Quantensprung konnte das Staatsarchiv durch das Projekt in mehrfacher Hinsicht einen zusätzlichen Mehrwert erzielen:

  • Die Urkundenbestände wurden einer Gesamtrevision unterzogen. Beschädigte Siegel wurden speziell verpackt und auf den Umschlägen entsprechend vermerkt, konservatorische Auffälligkeiten sowie aufgrund von Form und Beschaffenheit herausragende Stücke wurden in einem Verzeichnis protokolliert.
  • Im Aktenbereich wurden beim Umpacken älterer Bestände ungenaue oder gänzlich fehlende Verzeichnungen erkannt und korrigiert.
  • Schliesslich wurde die Gelegenheit für eine gründliche Reinigung sämtlicher Tablare und eine Optimierung der Magazinbelegungen genutzt.

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Dimensionen

19 840 Pergamenturkunden wurden neu verpackt und in 1044 neue Urkundenschachteln abgefüllt. Das entspricht ca. 160 Laufmetern Archivgut. Zudem wurden 21 516 Faszikelmappen durch neue Klappdeckelschachteln ersetzt und weitere 495 Einheiten in massgeschneiderte Sonderanfertigungen neu verpackt. Dies entspricht etwa 2 Laufkilometern Archivgut.

Die Projektkosten lagen bei gut 590 000 Franken. Knapp 6500 Personalstunden wurden geleistet, von zwei Projektmitarbeitenden (Silvana Schmid, Peter Hofer) und zwei regulären Archivangestellten (Brigitte Heiz Schröder, Daniel Kress).

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Herausforderungen

Das gegenüber den ursprünglichen Planungsgrundlagen um rund 27 % höhere Mengengerüst bei den Faszikelmappen hatte höhere Sach- und Personalkosten zur Folge. Umfang und Aufwand konnten zum Zeitpunkt der Projekteingabe nur annähernd quantifiziert werden, mittels einer Stichprobe mit Hochrechnung. Daraus wurde ein Mengengerüst von 17 000 Einheiten errechnet. Effektiv erhöhte sich dieses jedoch bei fortschreitender Projektarbeit kontinuierlich auf 21 600 Einheiten. Dieser deutliche Mehrbedarf ist hauptsächlich auf den physischen Erhaltungszustand der Unterlagen zurückzuführen. Aufgrund starker Verformungen, die die Archivalien durch die jahrzehntelange unpassende Verpackung erfahren haben, mussten etliche Einheiten neu auf zwei Behältnisse aufgeteilt werden. Zudem wurde bewusst darauf verzichtet, Behältnisse mit einer Füllhöhe von mehr als 130 mm anzuschaffen. Einerseits wäre der Stückpreis für diese im Vergleich zu den übrigen Behältnisgrössen wenigen Einheiten unverhältnismässig teuer gewesen. Andererseits hätten sich diese Übergrössen als zu schwer und damit schlecht bezüglich Handling im Alltagsbetrieb und Reissfestigkeit erwiesen.

Eine deutlichere Überschreitung konnte nur dank zusätzlichem nicht verrechneten internen Personalaufwand vermieden werden.

Im Laufe der Umverpackungsarbeiten wurden auch verschiedentlich Schimmelschäden festgestellt. Alle 243 Urkunden, die Spuren von Schimmelbefall aufwiesen, wurden manuell gereinigt, in neue Umschläge verpackt und wieder im Bestand integriert. Die Behandlung der 61 Faszikelmappen-Einheiten, die Feuchtigkeits- bzw. Schimmelschäden aufweisen (Wasserränder, Flecken, farbliche Veränderungen), konnte per Ende 2014 noch nicht vorgenommen werden.

Es liegen allerdings noch weitere Bestände und einzelne Einheiten im Umfang von rund 1900 Laufmetern mit mangelhaften Alt-Verpackungen vor. Insbesondere lässt die Festigkeit dieser Verpackungen keinen weiteren Umzug an einen neuen Standort zu, ohne dass die Archivalien substanzielle Schädigungen erleiden würden.

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